Warum digitale Lehre?
Die Corona-Krise hält die Welt im Griff und es steht nicht zu erwarten, dass im Sommersemester alle Formate wie gewohnt stattfinden können. Aber man kann auch aus einer negativen Situation das Beste machen: Es ist die ideale Gelegenheit, neue Formate zu probieren und neue Wege zu gehen. Wenn nicht auf Anhieb alles funktioniert, ist das nicht schlimm – niemand fängt perfekt an!
Für wen ist digitale Lehre geeignet?
Prinzipiell kann jeder digitale Lehrangebote bieten. Eine Einarbeitung in die Methoden und Software ist erforderlich, aber ebenfalls möglich.
Was kann gelehrt werden?
Grundsätzlich können die meisten Themen digital gelehrt werden, allerdings variieren die Methoden stark. Eine Vorlesung lässt sich problemlos als Video streamen. Ein Seminar als Videokonferenz mit zehn oder mehr Videofeeds gleichzeitig hingegen ist schwierig und die Bearbeitung von Aufgaben kann eine Herausforderung werden. Hier bietet es sich an, verschiedene Aufgabenstellungen in Online-Tools zur Vorbereitung und Nachbereitung zu geben und die eigentliche Online-Session kürzer zu gestalten. Digitale Lehre muss nicht unbedingt gleichzeitig mit allen Teilnehmenden stattfinden und sollte durch Textarbeit und den moderierten Austausch auf verschiedenen Plattformen ergänzt werden.
Natürlich werden die Voraussetzungen für die Inhalte durch den Lehrplan bestimmt. Die spezifischen Fragestellungen werden durch die Wissenschaftler/innen formuliert, teils im Rahmen von über mehrere Semester laufende Veranstaltungen. Daher ist es wichtig, neue Lehrkonzepte auf diese Rahmenbedingungen abzustimmen. Hierbei kann es hilfreich sein, die Lehrziele separat zu listen und dann unterschiedliche Herangehensweisen zu prüfen. Der FID unterstützt Sie in diesem Bereich gern und bietet eine Kontaktstelle.
Wie kann digitale Lehre umgesetzt werden?
Es gibt zahlreiche verschiedene Tools zur Unterstützung digitaler Lehre, die bereits seit Jahren etabliert und erprobt sind. Natürlich eignet sich nicht jedes Tool für jede Veranstaltung, daher sollten die Lehrziele vorab feststehen. Hierfür hat der FID eine kleine Sammlung von Tools vorbereitet, die Sie bei der Umsetzung unterstützen soll.
Kommunikation
Der klassische Kommunikationsweg über E-Mails ist verhältnismäßig langsam, asynchron und mühsam und daher für die digitale Lehre nur mäßig geeignet. Mails kosten wesentlich mehr Zeit als Chats, informieren schlecht und führen häufig zu Kommunikationsfehlern. Es bietet sich an, eine Lösung über Foren oder Chats zu finden, die durch Videosteams ergänzt werden. Wichtig anzumerken ist, dass auch Emojis oder GIF-Funktionalitäten einen Dienst nicht gleich unseriös machen – gerade online ersetzen diese sonst wichtige Teile nonverbaler Kommunikation. Hierbei ist es wichtig, den eigenen Stil zu finden und sich der eigenen Ansprüche bewusst zu werden, um diese auch den Teilnehmenden im Rahmen einer „Etikette“ zu vermitteln.
- Skype – ein Klassiker in der Kommunikation, dem man sein Alter leider anmerkt. Für kleine Gruppen mag die Kommunikation über Skype eine Option darstellen, für größere Gruppen ist es weniger geeignet. Dadurch, dass jeder Skype kennt und fast jeder einen Account besitzt, kann es aber ein guter Einstiegspunkt sein.
- Slack – eine bekannte Größe der Teamkommunikation, die die Organisation in verschiedenen Channels ermöglicht. Sie ist gut geeignet für verschiedene Gruppenarbeiten und allgemeine Seminarkommunikation. Die Integration in verschiedene andere Tools ist möglich.
- Teams – ebenfalls eine bekannte Größe der Teamkommunikation, die für die Seminarkommunikation geeignet ist. Slack und Teams gelten häufig als direkte Konkurrenten, die Entscheidung zwischen einer Variante ist oft von persönlicher Präferenz abhängig.
- Discord – ein aus der Gaming-Szene stammendes Tool für Text- und Voice/Videochats. Trotz seiner Wurzeln handelt es sich um ein solides Tool, das in Servern verschiedene Chat- und Voice-Kanäle anlegen kann und damit die gesamte Seminarkommunikation übernehmen kann.
- Webex – ein an vielen Universitäten lizenziertes Tool für Videochats, das gut für Live-Sessions oder Online-Vorlesungen geeignet ist.
- DFNconf – eine Videokonferenz-Alternative aus dem Deutschen Forschungsnetz.
- Jitsi – ein Open Source Videokonferenz-Tool, das in der digitalen Lehre weit verbreitet ist. Viele Hochschulen haben eine eigene Server-Installation. Jitsi funktioniert auf vielen Plattformen. Diese Website leitet automatisch auf Server um, die kürzlich erreichbar waren.
- Zoom – ebenfalls ein verbreitetes Tool für Videokonferenzen und digitale Lehre. In letzter Zeit gab es jedoch Bedenken bezüglich der Datensicherheit.
Organisation
Eine sinnvolle Organisation ist wichtig, um den Lehrablauf funktional zu gestalten. Dabei muss klar sein, dass Organisation und Moderation Aufgabe des Lehrenden sind. Er/Sie lenkt die Entwicklung der Veranstaltung und sollte die Zusammenarbeit unter den Studierenden fördern. Empfehlenswert sind Orte (z.B. separate Chatkanäle) zum Experimentieren und um den Austausch zu fördern. Wichtig ist, darauf zu achten, dass alle Studierenden aktiv partizipieren – in der Online-Veranstaltung ist es einfacher, sich der Kommunikation und Mitarbeit zu entziehen, daher sollten Lehrende von vornherein interaktiv denken. Es hilft, die Aufgaben von Beginn an zu strukturieren, Gruppenprojekte und Präsentationen einzuplanen und auch zu prüfen, inwiefern Open Educational Resources eingesetzt werden können.
Für die Organisation auf Lehrendenseite sind Tools zur digitalen Organisation, beispielsweise Evernote, OneNote oder Trello hilfreich zur Planung. Für die Planung gemeinsam mit Studierenden sind kollaborative Tools, wie etwa SciFlow, Etherpad (z.B. über yourpart.eu)oder Hack.MD sinnvoll. Diese ermöglichen auch die Gruppenarbeit und nachvollziehbare Ergebnisse, bieten dabei aber erheblich besseren Datenschutz als das bekanntere GoogleDocs.
Dokumentenablage
Zur Strukturierung gehört auch eine geordnete Dokumentenablage. Dabei sollte der Datenschutz beachtet werden. Es empfiehlt sich, die Cloud der eigenen Hochschule (so vorhanden) zu verwenden. Sollte diese nicht zur Verfügung stehen, bietet sich die European Open Science Cloud an. Kommerzielle Alternativen wie GoogleDrive, Dropbox oder Skydrive sollten unbedingt vermieden werden!
Für den Umgang mit Bibliographien, Literaturhinweisen etc. bietet sich (wie auch für die reguläre Lehre) die Nutzung von Literaturverwaltungsprogrammen an. Um möglichst inklusiv zu sein, empfehlen sich offene Bibliographien, wie sie etwa über Zotero erstellt werden können. Dies ermöglicht Studierenden auch, für spätere Hausarbeiten die korrekte Zitation zu verwenden. Beachtet werden sollte eine sinnvolle Strukturierung der Daten, wie sie etwa in den sieben Regeln der Dateiablage hinterlegt ist.
Doch wie kommt man an Dokumente, wenn die Einrichtungen geschlossen sind? Bibliotheken bieten ein umfangreiches Angebot an digitalisierten Titeln, lizenzierten eMedien und Datenbanken, aber auch Zugang zu Open Access-Titeln. Frei verfügbare Lehrmaterialien, so genannte Open Educational Resources, stehen ebenfalls für viele Themenbereiche zur Verfügung. Hierfür gibt es geeignete Metasuchen, Bildersuchen und selbst die Suche auf Google kann „zur Wiederverwendung gekennzeichnet“ für Treffer filtern. Achten Sie auf die Lizenzangaben, Creative Commons (BY, BY-SA oder CC0) sind sichere Indikatoren für eine Weiternutzung.
Ausstattung
Neben geeigneten Tools und Software muss auch die Hardwareseite stimmen. Eingebaute Mikrofone von Laptops sind meist qualitativ ungeeignet, eingebaute Webcams sind in der Regel ausreichend. Kopfhörer sollten in jedem Fall verwendet werden, um Rückkopplungen zu vermeiden. Folgende Ausstattung sollte aber zumindest bedacht werden, qualitativ zahlt sie sich langfristig aus:
- ein gutes Headset mit Mikrofon (ab ca. 30€)
- eine separate Webcam (ab ca. 30€)
- Lampe für geeignete Ausleuchtung für Dozenten (ab ca. 50€)
Tipps und Tricks
Dozenten:
- vorab testen, ob alles funktioniert
- rechtzeitig Einladungen/Links verschicken
- alternative Kommunikationsplattform bereithalten (z.B. Discord, falls Webex nicht funktioniert)
- 10-15min vor dem Start im Meeting sein
- Moderationsrolle übernehmen oder vergeben (entspricht Moderation bei einer Konferenz)
- individuelle Etikette mit Teilnehmenden klären
Teilnehmende:
- wenn die Bandbreite nicht ausreicht, Video deaktivieren
- stumm schalten, wenn man nicht spricht (um Umgebungsgeräusche zu vermeiden)
- Kopfhörer verwenden, um Rückkopplungen zu vermeiden. Nach Möglichkeit Headset mit Mikrofon verwenden
- bei Präsentationen sollte Screenshare zwar das Mittel der Wahl sein, die Dateien aber sicherheitshalber trotzdem zur Verfügung gestellt werden
- in größeren Gruppen Wortmeldung im Chat ankündigen, damit Dozent reagieren kann
- Chatfunktion nutzen, um z.B. auf Störungen hinzuweisen oder Fragen anzukündigen – so vermeidet man wildes Durcheinander